02/06/2016

Industrie 4.0: Es geht allein um ihren Nutzen

Manche Digitalisierungen werden umgesetzt, weil sie technisch möglich sind oder weil „man ja endlich auch etwas machen möchte“. Doch ein methodisches Vorgehen muss stets beim Kundennutzen beginnen – und nicht beim Machbaren.

Ca. 40 Teilnehmer erschienen am Freitagmorgen, 27. Mai, zu der von LeanBI AG organisierten Veranstaltung der Jedox-Worldtour im Hotel «Schweizerhof» in Bern.
Die inhaltlich breit aufgespannte Agenda umfasste einerseits übergeordnete Themen wie Betrachtungen zum Potential der intelligenten Analytik (K. Stockinger, ZHAW) und zum Nutzen der Digitalisierung (W. Weber, LeanBI AG). Andererseits kamen aber auch sehr operative Aspekte zur Sprache: erste Erfahrungen mit Big Data im Controlling (M. Pittino, Bell AG) und eine Demo zur Kombination von BI und Data Science (S. Pauli u. A. Lagüe-Jacques, beide LeanBI AG). Abgerundet wurde der Vormittag von J. Rieth, Jedox AG, mit einem Beitrag zum Produktionscontrolling mit Jedox.
Die Agenda war gezielt auf das ebenso weit gefächerte Auditorium zugeschnitten: anwesend waren Vertreter aus der Industrie, von Hochschulen und Beratungsunternehmen, aber auch Firmenteilnehmer aus den Fachdisziplinen Marketing und Finance.

M. Tesch, LeanBI AG eröffnete den Vormittag pünktlich um 8:58 und zeigte mit seiner kurzen und sehr prägnanten Einleitung einige aktuelle Beispiele von digitalisierten Alltagsprodukten. Besonders eindrücklich war ein kurzer Film mit dem Ausblick auf das Jahr 2028: Demzufolge sind in den kommenden 12 Jahren gewaltige gesellschaftliche und technische Änderungen zu erwarten. Die Digitalisierung wird sich diesen Veränderungen unaufhaltsam anpassen und damit unser Leben in bisher ungeahnter Weise verändern. Eine gelungene Einleitung zu den folgenden Vorträgen!
Als erster redner zeigte Kurt Stockinger von der ZHAW anhand der zwei Beispiele «Market Monitoring» und «Smart Alarms» erste nützliche Anwendungen von Industrie 4.0: wie kann Kundenverhalten vorhergesagt werden bzw. wie kann man (teure) Fehlalarme von echten Alarmsituationen unterscheiden? Sein Fazit: Die in solchen Projekten gewonnene Erfahrung sollte auf dem weiteren Weg in die digitalisierte Zukunft unbedingt genutzt werden.

Anschliessend wurde es mit dem Erfahrungsbericht von M. Pittino (Bell AG) sehr konkret: Die Bell AG setzt Jedox mit grossem Erfolg für die konzernweiten Abschluss- und Planungsprozesse ein. Basierend darauf können z.B. Berichte für das Management und den Verwaltungsrat in einem Bruchteil der bisher dafür erforderlichen Zeit erstellt werden. M. Pittino spricht in diesem Zusammenhang bescheiden von einem «realisierten Stand Industrie 2.0.», aber auch bei Bell bleibt man weiter am Ball!

Türstörungen im Bahnverkehr können sich zu einem grossen Problem auswachsen, wenn sie den Fahrplan durcheinanderbringen. Und so zeigten nach der Kaffeepause S. Pauli und A. Lagüe-Jacques (beide LeanBI AG) mit einer Schritt-für-Schritt-Analyse von echten «Türdaten» einer Bahngesellschaft, wie man zu belastbaren Vorhersagen bzgl. solcher Störungen kommen kann. Diese Vorhersagen sind für die Bahngesellschaft von grossem Nutzen, erlauben sie doch eine vorausschauende Wartung und ein aktives Risikomanagement mittels der Bereitstellung von Ersatzzügen, um die Häufigkeit ärgerlicher und vor allem imageschädigender Zugverspätungen zukünftig stark zu verringern.

Man kann zwar Vieles im Bereich der Digitalisierung umsetzten, aber wie lassen sich «Spielereien» von wirklich nützlichen Anwendungen systematisch unterscheiden? Und wie entstehen die vielbeschworenen «neuen Businessmodelle» durch Anwendungen von Industrie 4.0? W. Weber von LeanBI AG gab in seinem Beitrag mittels eines bereits 15 Jahre alten Medizintechnik-Anwendungsbeispiels zur Digitalisierung Antworten auf diese zwei Fragen: Der Ausgangspunkt zur Nutzenbestimmung muss immer die jeweilige Kunden- oder Geschäftssituation – gewissermassen eine «Not» – sein, und der methodische Weg muss dann gewissermassen rückwärts über die Zwischenschritte «Wissen» und «Information» bis hin zu den «(Roh-)Daten» beschritten werden. So lässt sich eindeutig bestimmen, welche Daten erhoben werden müssen. Und auch erst dann sollte eine erfolgsversprechende operative Umsetzung in Angriff genommen werden. Denn nur auf diese Weise werden aus der Vielfalt der grundsätzlich denkbaren neuen Geschäftsmodelle diejenigen herausgefiltert, die ein Nutzen-basiertes Fundament haben.

Die Veranstaltung wurde pünktlich um 11:57 mit einem Vortrag von J. Rieth (Jedox AG) abgeschlossen. Sein Thema war die Vereinfachung von Reporting, Planung und Analyse im industriellen Umfeld durch den Einsatz von Jedox. Zentraler Punkt ist dabei, nicht einfach nur Daten zu sammeln, also «Big Data», sondern die richtigen Daten zu sammeln, gewissermassen «Smart Data». Und bei deren Verarbeitung setzt die Firma u.a. auf die Parallelisierung von Grafikprozessoren und erreicht so eine hohe Analysegeschwindigkeit.

Fazit:
Eine sehr gelungene Veranstaltung in einem sehr schönen Ambiente. Mit vielen interessanten Diskussionen rund um’s Thema und vielversprechenden neuen Kontakten. Und der Erkenntnis: Die Digitalisierung läuft bereits und wir sind gespannt die weitere Entwicklung – zu der wir unseren Teil beitragen.

Den Link zu allen Vorträgen finden Sie unter dem folgenden Link: Die Industrie 4.0 Vortäge als pdf.

Industrie 4.0 Event im Schweizerhof