18/05/2017

DEFL - Digitale Transformation im KMU - Jetzt Mal konkret!

In der Schweizer KMU-Landschaft ist eine stark wachsende Unruhe spürbar:
Zwar ist erkannt, dass es sich bei der Digitalisierung um wesentlich mehr als nur einen „Hype“ handelt, doch wo und wie soll man konkret damit beginnen? Was macht der Wettbewerber? Welche Irrwege gilt es zu vermeiden? Am 2. Mai fand in im KKL in Luzern die erste Veranstaltung des DEFL mit dem Titel „Digitale Transformation im KMU – jetzt mal konkret!“ statt (www.defl.ch). Mit dem Ziel, obige und andere Fragestellungen zu beleuchten und dadurch mehr Licht ins Halbdunkel zu bringen.

Ein Helikopterblick auf das Thema Digitalisierung

Im Einführungsvortrag zeigte Prof. Markus Wyss von der Hochschule Luzern mittels einer Studie, dass zwar etwa die Hälfte der darin befragten KMUs für sich eine digitale Strategie reklamiert und dieser auch grosse Bedeutung zumisst, in der praktischen Umsetzung aber noch sehr zögerlich ist.
Dies zeigt sich u.a. bei den Studien-Auswertungen zum Prozess-Automatisierungsgrad, zur Nutzung von Mobile Office, zur Intensität der Einbeziehung der Kunden in das Business oder im tatsächlichen Angebot von digitalen Produkte und Dienstleistungen. Vor allem widerspricht die geringe Bereitschaft, in digitale Technologien zu investieren (nur ca. 20% der befragten KMUs), dem reklamierten «strategischen Glaubensbekenntnis».
Doch in den folgenden Vorträgen wird klar: die digitale Transformation ist nicht aufzuhalten und eine «Kopf-in-den-Sand-Taktik» wird nichts helfen. Dabei muss es nicht immer gleich die Implementierung eines neuen Geschäftsmodells sein: schon mit ersten einfachen und begrenzten Massnahmen zur Produkt- und Prozessoptimierung kann die digitale Transformation schrittweise angegangen werden. Und noch eine mittlerweile beinahe schon triviale Erkenntnis: möglichst den Kunden – und dabei insbesondere sein tatsächliches Verhalten – ins Zentrum der Überlegungen zu stellen, und digitale Vorhaben stets von dieser Warte aus anzugehen.

 

Die wesentlichen (subjektiven) Erkenntnisse

Insgesamt acht Vorträge am Vormittag, 4 parallele Streams mit jeweils sechs Kurzvorträgen am Nachmittag sowie ein Abschlussvortrag befassten sich mit der digitalen Transformation. Im Folgenden sollen exemplarisch nur einige wenige Aspekte bzw. Erkenntnisse kommentiert werden:

  • Unbestrittener Ausgangspunkt für konkrete Massnahmen und Projekte zur Digitalisierung ist die Formulierung einer digitalen Strategie. Offensichtlich tun sich viele KMUs damit aber recht schwer. Zumindest wurden keine solche Strategien exemplarisch genannt.
    Sicherlich ist der Einstieg über zunächst rein operative Schritte einfacher, doch auch schon eine vorläufig formulierte Strategie zwingt einerseits zur Auseinandersetzung mit dem Thema, andererseits kann sie auch nach ersten praktischen Erfahrungen durchaus umformuliert werden.
  • Die beiden Seiten von Fortschritt sind «Chance» und «Risiko»; das ist auch bei der digitalen Transformation nicht anders.
    Aus einigen Vorträgen konnte man den Eindruck gewinnen, dass manche Schweizer KMUs eher Risiko-avers planen und handeln. Und zwar erkennen, dass sich «da draussen etwas tut», aber man sich doch erst mal noch auf’s Abwarten verlegen.
    Verschiedene Vorträge zeigen anhand von historischen Beispielen die Gefährlichkeit dieser Haltung.
  • Die digitale Transformation beginnt nicht erst jetzt, sondern hat, je nach Branche, schon vor etlichen Jahren begonnen. Und oft ist für die beteiligten Unternehmen daraus ein grosser Nutzen entstanden – der übrigens in vielen Fällen von Kritikern anfänglich massiv bezweifelt wurde.
    Eindrückliche Beispiele dazu legen den Schluss nahe, dass sich diese Entwicklung trotz sicherlich manchem Irrweg auch in der Schweiz rasant fortsetzen wird. Und die Schweizer KMUs daher gut beraten sind, diese Entwicklung ernst zu nehmen und beherzt anzugehen.
  • Sollte es nicht vielmehr «disruptive (statt digitale) Transformation» heissen? Dies schlug einer der Vortragenden vor.
    Zugegeben: für Aussenstehende mag manche Neuerung disruptiv, also «abgerissen» wirken. Doch bei näherer Betrachtung verliert sich dieser Eindruck meist, und viele neue Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen zeigen sich entweder als das Ergebnis zäher und kluger Weiterentwicklung oder gründlichen Durchdenkens des bestehenden (und des zukünftigen) Geschäftsmodells.
    Die gute Nachricht dabei ist: Ohne Disruption verliert das Ganze auch viel von seiner Unnahbarkeit und seinem Schrecken, d.h. der Einstieg wird leichter.
    Und – streng genommen – stehen «Disruption» und «Transformation» sinngemäss sogar im Widerspruch zueinander, denn Transformation bedeutet kontinuierliche Umwandlung.

 

Die Randbedingungen

Das KKL in Luzern ist ein prächtiger Veranstaltungsort, zumal bei noch prächtigerem Frühlingswetter. Eine perfekte und «geräuschlose» Vorbereitung und Organisation sowie ein ausgezeichneter Stehlunch rundeten den guten Eindruck ab.
Etwas schade war allerdings, dass nur eine überschaubare Zahl der Teilnehmer aus der Industrie kam, dagegen viele Treuhänder zu den Besuchern zählten. Dennoch ergaben sich für LeanBI einige hochkarätige und sehr interessante Gespräche mit potentiellen Kunden. Im Zentrum der meisten dieser Gespräche stand die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Hier hat LeanBI eine seiner grossen Stärken und hier wird allgemein auch der grösste Nutzen der digitalen Transformation gesehen.

 

Fazit

Was bleibt als Zusammenfassung?

  • Kunde im Mittelpunkt:
    Sämtliche Überlegungen und Massnahmen zur Digitalisierung und zu neuen Geschäftsmodellen sollten beim Kunden beginnen. In vielen Unternehmen ist diese Sicht anscheinend noch nicht ausreichend entwickelt.
  • Klein anfangen – aber anfangen!
    Erste konkrete Schritte, z.B. in der Produkt- oder Prozessverbesserung, nehmen der Sache ihren Schrecken und zeigen gleichzeitig auf, wohin die weitere Reise gehen kann. Also ein eher agiles Voranschreiten in kleinen Projekten, statt eine langjährige digitale Roadmap aufzubauen, die dann doch wieder geändert werden muss.
  • Es kommt so oder so:
    Es nicht die Frage, ob die digitale Transformation kommt oder nicht. Sondern, wie rasch sie in welcher Branche voranschreitet. Und wie gut die entsprechenden Unternehmen darauf vorbereitet sind, und zwar nicht nur technisch, sondern vor allem auch mental.